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Irgendwo im Nirgendwo – eine Radreise durch die oberschwäbische Provinz!

Auf dem Donau-Bodensee Radweg von Ulm nach Kressbronn, oder so…

Da glänzen die Augen der Pupertiere.

Die Gästebetreuung lies ich in den Händen meiner zwei älteren Pubertiere. Die bekamen einen merkwürdigen Glanz in den Augen, beim Gedanken für die nächsten vier Tage alleinige Herrscherinnen über Haus, Hof und Hund Frau Lehmann zu sein.

Denn sowohl jüngstes Pubertier als auch der Gemahl weilten in der Region Estland, welche per Motorrad erfahren wurde.

Brombeeren und Trauben würden auch ohne mich weiterreifen und ungeerntet den Vögeln kredenzt werden, bevor ich die Gelegenheit und vor allem die Zeit finden konnte, diese gratis Gaben der Natur (mein Schwabenherz blutet bei dieser Vorstellung immer noch ein wenig nach) zu köstlichem „Gsälz“ (schwäbisch für Marmelade mit verschiedenen Früchten) zu verarbeiten.

"Schwäbsche Eisebahne"

Für den verzögerten Reiseantritt trägt übrigens, nach meinem Dafürhalten, zu mindestens 78% die Deutsche Bahn die Verantwortung.

Nach gefühlten 3 Stunden in der Warteschleife der sogenannten Hotline, welche meine Ungewissheit, inwieweit beim Mitführen des Fahrrads ein extra Fahrradticket zu lösen sei, nur ins Unendliche gesteigert hat, ging´s nun endlich los. Fahrradtaschen und Fotoausrüstung waren gut am Rad verstaut, denn selbstredend hat so ein „Ommsenbike“ ja einen Gepäckträger, an dem alles aufs Vortrefflichste festgezurrt werden kann.

Reisen bildet und "dahoim kennet mr eh scho elle"

Die Einsicht, dass echte Erholung zuhause ewig ein Wunschtraum bleiben wird, Betriebsferien hin oder her, brachte mich auf den Gedanken, dass innere Kontemplation und Erholung doch besser bei einer kleinen Radtour durch´s Ländle zu erlangen wäre.

Endlich einmal, wie meine verehrten Gäste, Entdeckungen machen, schöne Plätze finden, leckeren Kuchen essen, auf dem Bänkle sitzen und sich die Sonne auf die Nase scheinen lassen. Sonnenuntergänge fotografieren nicht zu vergessen, das wär´s! Genau nach dem war mir jetzt!

Zuweilen habe ich den Eindruck, meine Gäste kennen die schönen Flecken hier im Ländle, nach zwei oder drei Wochen Aufenthalt, besser als ich selbst. Zumindest was die sogenannten touristischen Highlights betrifft.

Start am höchsten Kirchturm der Welt

Start Dienstag, leider schon am etwas späteren Nachmittag.

Den Zeitverlust gedachte ich aber, durch zügiges Treten, wieder wett zu machen. Die Erste Etappe waren ja nur schlappe 40 km in flachem Gelände von Ulm nach Biberach. Und von Ravensburg nach Ulm ging es, innerhalb einer Stunde, mit dem Zug.

Überhaupt was sind schon 40 „flache“ Kilometer für eine Deggenhausertälerin, die auf halber Höhe des Höchsten groß geworden ist!

Da muss jeder mal den „höchsten“ Buckel rauf, entweder am Ende oder am Anfang einer Tour.

Vier Uhr nachmittags, strahlender Sonnenschein, ich rolle lässig mit meinem Rad auf das Ulmer Münster zu.

Dessen Kirchturm ist, mit stattlichen 161,53 Metern, der höchste der Welt. Das Volk räkelt sich bei Eis und Limo an den Tischen der zahlreichen Cafes um den Münsterplatz.

Ich aber habe eine Aufgabe und widerstehe der Versuchung mich dazuzugesellen: Das Etappenziel Biberach sollte ja noch erreicht werden. Drum rasch durchs Gerber- und Weberviertel Richtung Donauradweg, immer den blauen Schildern nach, da kann vorerst nix schiefgehen.

Da scheint man mit deutscher Gründlichkeit vorgegangen zu sein.

Vielleicht war für die Beschilderung nur lediglich eine Person zuständig, die einen ähnlich schlechten Orientierungssinn hat, wie ich. Egal, mir war das mehr als recht, denn mit einem Rad ohne „E“ vorne ist man echt die Gelackmeierte, fährt man aus Versehen (oder s.o. – Orientierungssinn) den falschen Buckel runter und muss am Ende eben diesen wieder hoch.

E-Bike contra O-Bike! Ich war eine absolute Exotin. Das wurde mir bereits nach dem ersten Kilometer der Reise klar…E-Bikes wohin das Auge reicht, mit Fahrern aller Couleur, in rentnercreme oder neonfarben, alles war vertreten. Und dann ich mit meinem Omsenbike!

Dass ich so ganz ohne E-Mobilität unterwegs war, räumte mir also so eine Art Exzentrikerinnenstatus ein, von dem ich erhoffte, im Laufe der weiteren Reise in irgendeiner Art zu profitieren: Crazy „Alte“ ohne E-Bike, abgefahren und dann auch noch ohne Helm (ich hasse die Dinger, und vertraue auf mein Karma) und, zumindest bis zum ersten Sturz, kurz vor Laupheim (blöde, nicht O-Bike affine Baustelle mit Geröllbelag), auch ohne Fahrradhandschuhe…

Ich taufte es im Geheimen O-Bike, was sich wesentlicher schnittiger anhört, wie ich finde. Für die Bezeichnung Omsenbike ist der Rest unserer Familie verantwortlich.

Sieben Gänge, Rücktrittbremse und ein schöner, breiter Gelsattel, namens „Gel Royal“, (kein Witz, wahrscheinlich kann man sich den Inhalt nach des Sattels Ableben, noch aufs Gesicht schmieren) wären allesamt Kennzeichen für ein O-Bike, so zumindest die fachkundige Jury, aus dem Hause Ilg.

Erster Blessuren lassen nicht lange auf sich warten! Dieser Sturz war dann auch der Grund, das es nicht so recht klappen wollte mit dem Etappenziel Biberach. Meine linke Hand sah unappetitlich aus, der Verband, der in aller Eile, noch am Unfallort , von einem freundlichen, jungen Mann angelegt wurde, war leicht blutdurchtränkt. Glücklicherweise passte der Fahrradhandschuh ganz gut darüber, so war die Malaise gut zu vertuschen. Wer sagt´s denn, die Dinger sind echt zu was nutze! Ich wollte ja einen guten Eindruck bei der Zimmersuche machen. Außerdem machte das kleine Städtchen

Laupheim einen überaus positiven Eindruck auf mich.

Ich beschloss im Laupheimer Gasthof Hirsch Quartier zu beziehen und den Blutverlust durch einen Schoppen Rotwein auszugleichen.

Soweit ich beurteilen kann gelang das ganz gut.

Und ewig lockt...

Laupheim wurde mir dann auch auf weitere Art zum Verhängnis: Läden wohin das Auge reicht, Sommerschlussverkaufsfeeling…blind für die Reize von Stadt und Historie füllte ich den noch verfügbaren Raum meiner Satteltaschen, mit allerlei Waren. Wer findet schon was, wenn er konkret nach bestimmten Dingen sucht!

Darum wird das gekauft was momentan gut und günstig scheint, damit der Bedarfsfall erst gar nicht erst eintritt.

Ich schätze spätestens hier lesen männlichen Leser nicht mehr weiter, aber alle Schwestern im Herzen werden nur zu gut verstehen was ich meine.

Und ewig lockt...

Erst das Vergnügen, dann die Arbeit, die frühe Vogel kann mich mal etc. pp.

Ich war Herrin meiner selbst, also konnte ich den weiteren Streckenverlauf nach eigenem Gutdünken einteilen.

Gegen 13 Uhr erreichte ich Biberach, was soll ich sagen: Sonnenschein, Fachwerk, glänzendes Kopfsteinpflaster, schattige Gässlein, alles blitzt und blinkt! Keine Ahnung warum dieser Inbegriff von Deutscher Lieblichkeit bisher nicht in japanischen Reisekatalogen auftaucht.

Biberach bedient diesbezüglich jedes Klischee aber im positiven Sinne.

Liebe Gäste der nächste Ausflugstip für Sie liegt auf der Hand: Mit dem Zug von Ravensburg nach Biberach (fährt stündlich) und dieses Schmuckstück von süddeutschem Städtchen besuchen. Am besten am Mittwoch- oder Samstagvormittags zur Marktzeit.

Ihren Hunger unbedingt bei Sylvies Küche in Biberach , Radgasse 14 stillen!

Es gibt jeden Tag nur ein Gericht! Das aber von ausgesuchter Köstlichkeit und ausschließlich mit Biozutaten, liebevoll zubereitet.

Die Berlinerin Sylvia Romer hat es gewagt: Als alleinerziehende Mutter und gelernte Schreinerin hat Sie vor zwei Jahren in der Radgasse 14, in der Nähe des Marktplatzes, ein kleines Bistro eröffnet. Sie hat selbst renoviert und verhübscht was das Zeug hält und öffnet nun täglich von Montag bis Freitag über die Mittagszeit. Die kleine, fast wie ein Wohnzimmer anmutende, Gaststube wird auf Wunsch auch vermietet. Frau Romer kocht ebenfalls für kleine Gesellschaften (die Glücklichen!) zu gewünschten Zeiten.

Herzlichen Glückwunsch Frau Romer und weiterhin viel Erfolg Ihr Lokal wird sicher nicht lange ein Geheimtipp bleiben!

Die schönsten Umkleidekabinen Oberschwabens

Wenn Sie jemals diese Stadt besuchen sollten, dann müssen Sie unbedingt die schönsten Umkleidekabinen Biberachs ansehen und zwar im kleinen Laden der Firma Riempp (eigentlich ein Raumausstatter) in der Museumsstraße 3.

Hier gibt es eine weitere Besonderheit: Bilderrahmen aus mondgeschlagenem Holz, die von der firmeneigenen Vergoldermeisterin mit Blattgold veredelt werden.

Eine Kostbarkeit, die sonst kaum mehr zu finden ist.

Ausnahmsweise verstieß ich in diesem Fall gegen meine Grundsätze zu kaufen ohne zu suchen, Sie wissen schon, die Sache mit dem Bedarf, s.o.

Das nur so am Rande, sollten Sie die Ahnengalerie Ihres Jagdschlosses mit neuen Rahmen versehen wollen. Das wäre also die erste Adresse am Platz!

Ja, Biberach war ein voller Erfolg, in vielerlei Hinsicht. Gut dass es nicht aus der Welt ist. Da muss ich auf jeden Fall noch einmal hin.

Hoppala!

Verehrte Leser, verehrte Leserin das hier sollte eigentlich nur eine Bildergeschichte werden, aber irgendwie, so ziemlich anfänglich ist da der sprichwörtliche Gaul mit mir durchgegangen.

Was mute ich Ihnen zu verehrte Leser! Soviel Worte! Wobei doch jedes Kind weiß wie schwer man sich mit dem Lesen am Bildschirm tut.Ich bitte um Verzeihung und werde ab sofort meinen Stil radikal ändern.

Genießen Sie den Reiseverlauf ab jetzt in Bildern mit lediglich erläuternden Bildunterschriften.

Nächstes Ziel und eine weitere Abweichung von der eigentlichen Route:

Bad Buchau. Adelindis Therme. Doch ich sollte nicht weit kommen...nächster Stopp. Die idyllische Aymühle zwischen Stafflangen und Bad Buchau. Dann kurz vor Bad Buchau erscheint wie aus dem Nichts Frau Nicole Preuss-Hummels Cafe. Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin macht´s weil´s Spaß macht und nicht des Profits wegen. Danke für den leckeren Kaffee!

Dann endlich in Bad Buchau.!

Eine Bleibe musste her. Ich schien Glück zu haben. Der sehr freundliche Herr Neudert vom Gasthof Stern offerierte mir sein letztes Zimmer. Es sei zwar "vorne heraus" warnte er noch, doch das Risiko schien mir, in diesem Falle, überschaubar.

Leser, die ebenfalls schon einmal in Bad Buchau genächtigt haben werden mir diesbezüglich sicher zustimmen.

Derweil schwante mir schon, dass ich gleich wieder auf einen "Experten seines Faches" treffen würde.

Irgendetwas an Herrn Neuderts geschliffenem Schwäbisch Sing Sang machte mich stutzig. Bald sollte sich dieser Verdacht erhärten.

Herr Neudert ist jahrzehntelang im Regionalfernsehen zusammen mit Barbara Schrecklein für die Moderation der Schwäbisch-Allemannischen Fasnet zuständig gewesen. Gleich wurd´s mir klar, als ich am Empfang stand und die entsprechend bebilderten Wände sah. Ein Gastronom und Fasnachtsspezialist von ganzem Herzen also!

Lieber Herr Neudert, Sie verstehen es zu unterhalten und nebenbei kredenzen Sie ein hervorragendes Frühstücksbüffet mit wirkliche echtem Cappucchino und "glücklichen Eiern".

Sie schleppen die Taschen Ihrer Gäste ohne zu klagen, geben nebenbei noch die örtlichen Shoopinghighlights heraus und schicken Vergessenes per Post hinterher. Bravo Herr Neudert und ein herzliches "Dankschee!".

Gut erholt und frisch sauniert ging´s weiter nach Bad Schussenried. Das schwäbische Eldorado für Biertrinker.

Siehe da: das Bierkrugmuseum und die Brauerei sollten nicht die einzigen Dinge sein, die dieses Städtchen zu bieten hatte. Unbedingt ausprobieren sollte man Frau Denzels "Cafe am Markt" Kunsthandwerk, Antiquitäten und exquisiten Kaffee und Limonaden erwarten die Gäste.

...und weil ich schon einmal in der Nähe war folgte ich Frau Denzels Rat und besichtigte die "schönste Barockkirche Europas", die Dorfkirche von Steinhausen.

In Bad Schussenried jagt eine Superlative offenbar die andere.

Grundsätzlich würde ich ADHS Patienten vom Besucht dieser Sehenswürdigkeit jedoch abraten. Sehen Sie selbst...

So kurvig aufstrebend, wie dieser imposante Barockbau gings dann weiter, auf kleinen Nebenwegen, Richtung Wangen im Allgäu.

In Bad Waldsee genoss ich noch für eine Stunde den gepflegten Kurbetrieb und stärkte mich zum letzten Mal. Die Sonne brannte und der Tag war schon fortgeschritten.

Hinter mir ließ ich die flachen Moorlandschaften und tauchte ein ins hügelig, grüne Allgäuer Land.

O-Bike! Wären wir doch zu Hause geblieben,

drehte es in Endlosschleife durch meinen Kopf.

Doch Rettung naht: Wolfegg hat einen Bahnhof! Da war ich mir nicht zu fein das Bähnle zu nehmen. Was soll man sagen, in der Provinz ist Verlass auf die Deutsche Bahn. Wenn auch der Bahnsteig noch so unkrautüberwuchert, der Zug hält pünktlich um 17.11 Uhr. 22 Minuten später stehe ich in Wangen am Bahnhof und nach weiteren 5 Minuten habe ich beim "Oberwirt", direkt am Bahnhof mein Quartier bezogen.

Sitzen mag ich vorerst nimmermehr...

Ein bisschen durch´s Städtle gebummelt und den Polkaklängen der Wangener Stadtmusikanten gelauscht, das war noch drin.

Wangen, lieber Leser, ist unzertrennlich mit einem Begriff verbunden. Sozusagen eine Institution und weit über die Wangener Stadtgrenzen bekannt: Der Fidelesbäck.

Hier muss unbedingt eine frische Seele mit ofenfrischem Leberkäs verzehrt werden. Sofern Sie nicht zu den Verfechtern der vegetarischen Küche gehören, ein Gedicht.

Wangen ade scheiden tut weh!

Aber ich hatte ein Ziel:

Das Cafe Nuber in Oberrussenried.

Ein weiteres Mal wünscht ich mir ein "E" vor mein O-Bike!

Die Landschaft in Richtung Bodensee wird zwar weiter und bietet einige reizvolle Ausblicke, hügelig bleibt es aber und wehe man ist den falschen Buckel hinuntergefahren!

Die Anstrengung hat sich auf jeden Fall gelohnt. Im zauberhaften Hofcafe Nuber hat meine Lebensgeister wieder reanimiert. Ein herrlicher Flecken Erde! Kaum mag man wieder gehen.

Liebe Leser und Leserinnen, gefühlt habe ich jetzt mindestens solange geschrieben, als wie ich geradelt bin. Allerdings mit dem Effekt, dass mein Allerwertestete weit weniger leiden musste :-)

Herzliche Grüße aus dem schönen Deggenhausertal Ihre Karin Ilg

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